Kauf der Stammanteile einer russischen GmbH: Kann man den Vertrag dem deutschen Recht unterstellen?
Sie stehen vor dem Abschluss eines Anteilskaufvertrags für eine russische OOO und möchten den Vertrag im Rahmen der Ihnen verständlichen deutschen Rechtsordnung abwickeln lassen. Was sollten Sie bei dieser Entscheidung mitbedenken?
Freiheit bei der Rechtswahl
Grundsätzlich gilt im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr das Prinzip der Privatautonomie. Dieses Prinzip wird auch in Russland anerkannt. Diese Grundidee ermöglicht den Parteien, für ihre schuldrechtlichen Rechtsgeschäfte eine Rechtswahl zu treffen (Art. 1210 ZGB RF). Gesonderte Regelungen für gesellschaftsrechtliche Verträge, die diese Freiheit ausschließen würden, existieren nicht. Folglich kann ein Vertrag über den Kauf der Stammanteile einer russischen GmbH nach einem beliebigen ausländischen Recht geschlossen werden. Das Schrifttum teilt dieses Verständnis (Kaplouchij, Matvej, in Korporativnyj jurist 3/2013, Abruf http:/www.gblplaw.ru/news/articles/73782/; Kokorin, Alexej, in Jurist 14/2012, zugänglich in der Datenbank ConsultantPlus).
Wie läuft es in der Praxis?
Die Wahl eines ausländischen Rechts kann jedoch gewisse praktische Probleme hervorrufen:
- Russische Notare, die zur Beurkundung herangezogen werden, können sich weigern, einen nach einem ausländischen Recht abgefassten Vertrag zu beurkunden, weil sie den Inhalt des letzteren nicht verstehen bzw. diesen für gesetzeswidrig halten. Um dieses Risiko zu vermeiden, sollte man mit dem Notar bereits im Vorfeld der Beurkundung besprochen zu haben, dass der Vertrag nach einem ausländischen Recht abgeschlossen wird;
- Wird womöglich die Streitaustragung vor einem russischen staatlichen Gericht notwendig, wird die Anwendung eines ausländischen Rechts die Prozessführung verkomplizieren und folglich die Sicherheit bei der Rechtsdurchsetzung beeinträchtigen.
Bleibt es bei der Anwendung des deutschen Rechts, muss berücksichtigt werden, dass gemäß Art. 1215 ZGB RF nach dem gewählten ausländischen Recht lediglich die Fragen
- der Auslegung des Vertrags,
- der Rechte und Pflichten der Parteien,
- der Vertragserfüllung,
- der Folgen der Nichterfüllung bzw. einer nicht gehörigen Erfüllung,
- der Beendigung von Vertragsverhältnissen,
- der Folgen der Unwirksamkeit/Ungültigkeit des Vertrags
beurteilt werden können.
Muss man auch russische Rechtsvorschriften berücksichtigen?
Sofern zusätzlich zur Rechtswahl nicht das Recht des Vertragsverhältnisses heranzuziehen ist, gelten für alle darüber hinaus gehenden Fragen Vorschriften des russischen Rechts. Im Fall des Kaufs von Stammanteilen einer russischen GmbH sind es in erster Linie Vorschriften des russischen GmbH-Gesetzes.
Es handelt sich hierbei um Vorschriften betreffend das Recht anderer Gesellschafter bzw. ggf. der Gesellschaft selbst auf vorrangigen Erwerb des zu veräußernden Stammanteils, betreffend die Einholung des Einverständnisses der Gesellschafter bzw. ggf. der Gesellschaft mit der Veräußerung des Stammanteils an einen Dritten, betreffend des Verbots der Veräußerung eines nicht bezahlten Stammanteils. Diese Normen sind nur dann nicht einschlägig, wenn die Gesellschaft nur einen Gesellschafter hat und dieser seinen Stammanteil vollständig bezahlt hat. Die Einholung des Einverständnisses der Gesellschaft ist nicht obligatorisch, wenn sie in der Satzung nicht verlangt wird.
Ferner können die Vorschriften des deutschen Rechts in einigen Aspekten durch zwingende Normen des russischen Rechts (zu deren Bedeutung Art. 1192 ZGB RF) verdrängt werden. Die zu berücksichtigenden zwingenden Normen des russischen GmbH-Gesetzes gelten gesondert überprüft werden.
Unsere Leistungen für Sie:
- Überprüfung und Optimierung des Geschäftsanteilskaufvertrags;
- Kommunikation mit dem beurkundenden russischen Notar;
- Begleitung der gesamten Transaktion.
© Dr. Olga Kylina
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