Anfechtung von Großgeschäften und Geschäften mit Interessiertheit im russischen Gesellschaftsrecht: Beschluss des Plenums des Obersten Gerichtshofs Russlands Nr. 27 vom 26. Juni 2018
Ende Juni 2018 fasste der Oberste Gerichtshof Russlands einen neuen Beschluss zur Anfechtung von Großgeschäften und Geschäften mit Interessiertheit. Es handelt sich um Beschluss des Plenums des Obersten Gerichtshofs der Russischen Föderation № 27 vom 26. Juni 2018. In dem Beschluss werden solche Fragen wie Verjährungsfristen, quantitative und qualitative Kriterien von Großgeschäften und Geschäften mit Interessiertheit sowie Beweislast u.a. behandelt.
Das im August 2014 abgeschaffte Oberste Wirtschaftsgericht Russlands nahm zu Ende seiner Tätigkeitszeit Stellung zu diesem Thema. Allerdings erfordert die zuletzt erfolgte Reformierung des russischen Zivilrechts, welche auch die Anfechtung erwähnter Geschäfte mitumfasst, entsprechende Aktualisierung der damaligen Positionen des Obersten Wirtschaftsgerichts. Zum Teil werden seine Erläuterungen in der neuen Entscheidung übernommen, zum Teil – abgeschafft und durch prinzipiell neue ersetzt.
Einzelne Erläuterungen
1. So können laut neuem Beschluss nur solche Geschäfte als Großgeschäfte qualifiziert werden, die sowohl das qualitative, als auch das quantitative Kriterium (oder Wertkriterium) erfüllen. Das qualitative Kriterium setzt voraus, dass das Geschäft über die übliche wirtschaftliche Tätigkeit der Firma hinausgeht. Mit anderen Worten sind damit solche Geschäfte gemeint, die die Existenz oder die normale Funktionsfähigkeit der Firma gefährden. Das quantitative Kriterium ist bei solchen Geschäften erfüllt, deren Gegenstand das Vermögen mit dem Bilanzwert in Höhe von über 25 % des Bilanzwerts aller Aktiva der Firma ist.
2. Die Beweislast wird im Beschluss anders als in Erläuterungen des Obersten Wirtschaftsgerichts verteilt. Jedes Geschäft gilt als im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit geschlossen, solange der Kläger nicht das Gegenteil beweist. Somit wird quasi eine Vermutung der Redlichkeit beim Abschluss von Unternehmensgeschäften aufgestellt. Früher musste der Beklagte beweisen, dass das Geschäft der regulären wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens entspricht.
Außerdem sind die Kontrahenten in der Regel nicht verpflichtet, sich frühzeitig zu informieren, ob das Geschäft für die andere Vertragspartei ein Großgeschäft bzw. ein Geschäft mit Interessiertheit darstellt.
3. An der Abstimmung über die Zustimmungserteilung zu Geschäften mit Interessiertheit dürfen nicht juristische Personen teilnehmen, die zwar selbst nicht unmittelbar an dem Geschäft interessiert sind, aber unter Kontrolle der daran interessierten juristischen Personen stehen.
4. Die Erteilung einer Zustimmung zu Geschäften mit Interessiertheit schließt ihre Anfechtung nicht aus. Jedoch muss vom Kläger unter diesen Umständen bewiesen werden, dass das Geschäft Interessen des Unternehmens beeinträchtigt und diesem einen Schaden verursacht hat.
5. Die vor dem 1. Januar 2017 erteilten Zustimmungen zu Geschäften, die erst nach diesem Datum geschlossen wurden, gelten als ordnungsgemäß erteilt fort unter der Bedingung, dass alle anzuwendenden gesellschaftsrechtlichen Vorschriften eingehalten worden sind.
Quelle: https://pravo.ru/news/203593/
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© Maria Mikhaylova, LL.M.
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