F&E Verträge
I. Was sind F&E-Verträge
Forschungs- und Entwicklungsverträge (F&E-Verträge) sind komplexe Dauerschuldverhältnisse. Bei F&E-Verträgen schließen sich einige Parteien zusammen, um gemeinsam neues naturwissenschaftliches oder technisches Wissen zu schaffen. Dieser Zusammenschluss kann auf rechtlicher Ebene in Form eines F&E-Auftrags oder F&E-Kooperation stattfinden.
II. F&E-Aufträge
Bei einem F&E-Auftrag wird man zu einer Forschungsarbeit oder einer technischen Entwicklung beauftragt.
Das russische Recht unterscheidet insbesondere auch die beiden Felder der Forschung (научно-исследовательские работы) und der technischen Entwicklung (опытно-конструкторские и технологические работы) in Art. 769 ZGB RF. Im deutschen Recht ist dieser Vertrag hingegen nicht kodifiziert und stellt somit einen typengemischten Vertrag mit vertragsrechtlichen, immaterialgüterrechtlichen und kartellrechtlichen Besonderheiten dar. Diese Besonderheiten sollten jedoch auch im russischen F&E-Auftragsvertrag berücksichtigt werden.
Nach russischer Gestaltung ist der F&E-Auftrag ein Werkvertrag mit Werkbesteller und Werkunternehmer, bei der allerdings das Erfüllungsrisiko allerdings beim Besteller liegt, soweit vertraglich nichts anderes geregelt ist. Abhängig vom Vertragsinhalt ist auch die Leistungspflicht entweder streng persönlich oder nicht. Wenn ein Forschungsauftrag vorliegt, hat der Auftragnehmer diese Leistung persönlich zu erbringen. Eine Einschaltung Dritter ist nur mit Einverständnis des Bestellers möglich. Bei einem Auftrag über technische Entwicklung ist der Unternehmer berechtigt Dritte einzuschalten, soweit vertraglich auch nichts anderes geregelt ist.
Gesetzlich ist weiterhin auch die Zuordnung der Ergebnisse geregelt. So haben grundsätzlich beide Parteien das Recht die Resultate der Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu nutzen. Allerdings ist es ratsam diese Zuordnung interessensgerecht im Vorfeld vertraglich festzuhalten. Für den Besteller kann es sinnvoll sein, den Nutzungsumfang des Auftragnehmers auf das enumerativ Notwendige zu beschränken bzw. komplett auszuschließen.
Der Auftragnehmer ist dabei gesetzlich unter anderem verpflichtet die Arbeit in der vertraglich vereinbarten Zeit zu erbringen, mit eigenen Kräften und Kosten selbstverschuldete Mängel zu beseitigen, welche die vertraglich vereinbarte technische zu erreichende Zielvereinbarung unmöglich machen würden, und den Besteller unverzüglich darüber aufzuklären, falls die Realisierung des Projekts unmöglich ist. Schließlich besteht auch die Übergabepflicht der gewonnenen Ergebnisse. Der Besteller hat die Pflicht dem Unternehmer die notwendigen Informationen zur Zielerreichung mitzuteilen und das Werk abzunehmen, sowie zu entlohnen.
Wenn sich im Laufe des Forschungsprojekts herausstellen sollte, dass das vertraglich vereinbarte Forschungsziel entweder naturwissenschaftlich unmöglich oder die technische Entwicklung unzweckmäßig ist und dies nicht in der Sphäre des Unternehmers liegt, so hat der Besteller trotzdem den Unternehmer zu entlohnen. Die Beweislast für Vertragsverstöße trägt auch nach der gesetzlichen Regelung der Unternehmer (Art. 777 P.1 ZGB RF).
Auch wenn es ein Mindestmaß an gesetzlichen Regelungen gibt, ist es anzuraten, die komplexen Verhältnisse im F&E-Vertrag möglichst ausführlich und präzise festhalten. Nicht zu unterschätzen sind die Regelungen, welche Leistungen im Einzelnen geschuldet sind, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form diese erbracht werden müssen.
Weiter sind bei F&E-Aufträgen auch Geheimhaltungs- und Dokumentationsvereinbarungen zu berücksichtigen und vertraglich zu vereinbaren. Insbesondere lohnt es sich auch vertraglich die Nutzung der sogenannten Foreground IP (durch das Projekt erlangte Wissen) und Background IP (vor dem Projekt bestehendes Wissen) festzuhalten und somit eine Vermengung der Background IP mit der Foreground IP im Zuge der Projektrealisierung zu vermeiden.
Ein weiterer Punkt könnten kartellrechtliche Bestimmungen sein, wie Exklusivitätsklauseln und Vereinbarungen über ein Wettbewerbsverbot.
III. F&E-Kooperationen
F&E-Kooperationen sind weder im deutschen, noch im russischen Recht gesetzlich geregelt. Demnach stellen diese einen typengemischten Vertrag dar, bei welchem neben Vertrags- und Immaterialgüterrecht auch Kartellrecht eine Rolle spielen kann. F&E-Kooperationen können insbesondere bei konkurrierenden Unternehmen auftreten, welche eine Kooperation zur Kosteneinsparung bei einem bestimmten Projekt anstreben oder bei Unternehmen, welche komplementäre Produkte anbieten. Zuletzt kann es auch zu F&E-Kooperationen mit Hochschulen kommen.
Vertraglich ist hier besonders auf die Beschreibung der Aufgaben zu achten und der Art und Weise der Einbringung der Ressourcen. Zusätzlich sollte vertraglich ein Zeitrahmen entworfen werden, welcher jeweils auf die verschiedenen Etappen der Leistungserbringung abgestimmt ist. Auch sollte die Aufteilung der Arbeiten Eingang finden und vor allem die Kostentragung. Wie beim F&E-Auftrag sollten Geheimhaltungs-, Dokumentations- und Wettbewerbsverbote im Einzelnen in Erwägung gezogen werden, welche die Rahmenbedingungen des gemeinsamen Projekts abstecken. Besonders bei Kooperationsverhältnissen ist Benennung und Begrenzung der Background IP zu achten. Diese wird für gewöhnlich im Forschungsprojekt eingesetzt werden, sodass eine vertraglich klare Regelung dahingehend zu treffen ist, dass diese nicht in die Foreground IP übergehen soll. Hinsichtlich der Foreground IP trifft das russische Recht die Regelung, dass dieses in gesamthänderisches Eigentum übergeht, wie es Art. 1229 P.2 ZGB RF regelt. Mithin empfiehlt sich auch eine Verwertungsregelung in den Vertrag aufzunehmen, welche die Nutzung des erarbeiteten Produkts abstimmt.
Unser Team berät Sie in allen Fragen rund um das Thema F&E-Verträge, sei es in Form von F&E-Aufträgen oder in F&E-Kooperationen.
Insbesondere bieten wir an:
- Aufklären über die Besonderheiten des F&E-Auftrags und der Kooperation
- Gestaltung des F&E-Auftragsvertrags mit ihrem russischen Partner
- Beratung über eine rechtssichere Gestaltung des F&E-Kooperationsvertrags
- Informieren über die Durchsetzung der vertraglich vereinbarten Rechte
- Gestaltung von individuell angepassten Verwertungsregelungen
Sie erreichen uns unter folgender Email-Adresse: info@lex-temperi.de.
Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag lediglich Informationszwecken dient und keine Rechts- oder sonstige Beratung darstellt. Die Veröffentlichungen auf unseren Webseiten sind unser Service für Sie. Obwohl die Beiträge stets mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt werden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Alle Bilder auf dieser Webseite unterliegen der CC0-Lizenz oder werden aufgrund eines unwiderruflichen, weltweiten, nicht exklusiven und lizenzgebührenfreien Nutzungsrechts, gewährt durch Pixabay, verwendet.