Tätigkeit von juristischen Personen in Russland: Was ist seit 2018 zu beachten?
Das Jahr 2018 brachte mit sich einige wesentliche Änderungen, welche Gründung und staatliche Registrierung von juristischen Personen in Russland betreffen.
Was ändert sich?
Nachreichung der Unterlagen
Ab dem 1. Oktober 2018 bekommen juristische Personen bzw. ihre Vertreter die Möglichkeit, Fehler zu korrigieren und fehlende Unterlagen nachzureichen, die sie bei der Antragstellung zur Eintragung bestimmter Informationen ins russische Handelsregister (EGRUL*) übersehen haben. Dafür ist eine Frist von drei Monaten nach dem Erhalt des Ablehnungsbescheids vorgesehen. Diese Korrektur ist für den Antragsteller gebührenfrei, was auch die Kommunikation mit der Steuerbehörde optimiert. Von der Gebührenzahlung wird der Antragsteller in einem solchen Fall nur einmalig befreit, sodass jede weitere „Fehlerheilung“ gebührenpflichtig ist.
Aussagekraft der bereits bestehenden Akte
Nach der künftigen Fassung des Art. 9 des Föderalen Gesetzes Nr. 129-ФЗ vom 8. August 2001 „Über die staatliche Registrierung von juristischen Personen und Einzelunternehmern“ (weiter im Text – Gesetz Nr. 129) sollen nur die Unterlagen eingereicht werden, welche die zuständige Behörde zum Zeitpunkt der Antragstellung in den Akten der juristischen Person noch nicht hat. Das führt ebenfalls zur Vereinfachung der bürokratischen Prozesse.
Erweiterung der Auskunftsmöglichkeiten
Außerdem werden die Auskunftsmöglichkeiten bezüglich der Eintragungen ins Handelsregister erleichtert. Derzeit muss man jedes Mal Identifikationsdaten zu konkreten juristischen Personen oder Einzelunternehmern auf der offiziellen Web-Seite des Föderalen Steueramtes eingeben um zu erfahren, ob bei der Steuerbehörde notwendige Unterlagen für die Eintragung ins Handelsregister bereits eingereicht worden sind. Ab dem 1. Oktober 2018 wird es möglich, über die Web-Seite konkrete Firmen oder Einzelunternehmer gewissermaßen zu „abonnieren“. Wird eine solche „abonnierte“ Gesellschaft Eintragung irgendwelcher Änderungen beantragen, erhält der sog. „Abonnent“ eine E-Mail und wird somit zum geänderten Unterlagenbestand informiert. Diese Novellierung soll den Betroffenen (z.B. den Gläubigern der Gesellschaft) die Möglichkeit einräumen, Einsprüche gegen die Eintragungen ins Handelsregister (z.B. Eintragung der Liquidation) rechtzeitig zu erheben.
Haftung von Führungskräften
Gleichzeitig verschärft der russische Staat die Haftung für Personen, die führende Positionen innehaben bzw. die Tätigkeit der Gesellschaft beeinflussen können, wie etwa Generaldirektor, Gesellschafter oder Aktionär. Diese Personen haben mit gebührender Sorgfalt im Interesse der Gesellschaft zu handeln, ansonsten können sie subsidiär zur Verantwortung gezogen werden. So trat z.B. bereits im Juli 2017 das Föderale Gesetz Nr. 488-ФЗ vom 28. Dezember 2016 in Kraft, welches das russische GmbH-Gesetz mit einer entsprechenden Vorschrift (Art. 3 Abs. 3.1) ergänzt hat.
Was ist noch zu beachten?
Unzuverlässige Informationen im Handelsregister
Ende 2016 hat der russische Gesetzgeber das Gesetz Nr. 129 insofern geändert, dass eine Gesellschaft im Handelsregister gelöscht werden kann, falls die eingetragenen Informationen über sie als unzuverlässig vermerkt werden und mindestens sechs Monate lang als solche gelten (Art. 21.1 Abs. 5 lit. „б“ des Gesetzes Nr. 129). Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Postadresse und tatsächliche Sitzadresse der Gesellschaft auseinanderfallen. Das gleiche gilt, wenn die Adresse der Gesellschaft nicht deutlich erkennbar ist, z.B. wenn unter der Adresse nur die Hausnummer angegeben wurde.
Solche widersprüchlichen Informationen werden im Rahmen der Prüfungen der Steuerbehörde festgestellt. Zu prüfen sind Daten über juristischen Personen, deren Eintragung ins Handelsregister beantragt wird, sowie die im Handelsregister bereits enthaltenen Daten.
Beendet der Generaldirektor sein Arbeitsverhältnis mit der Gesellschaft, führt das nicht automatisch zur Beendigung seiner gesellschaftsrechtlichen Beziehungen. In diesem Sinne gilt er weiterhin als Generaldirektor, solange die Gesellschafter die Entscheidung über seine Entlassung und Ernennung eines neuen Generaldirektors nicht getroffen haben. Wenn nicht eindeutig festgestellt werden kann, wer der Generaldirektor der Gesellschaft ist, gelten die Informationen im Handelsregister als unzuverlässig, was der Gesellschaft rechtliche Probleme und Verluste bringen kann.
Welche Folgen hat der Vermerk „unzuverlässige Information“ im Handelsregister?
Erstens können die (potenziellen) Vertragspartner die Handelsbeziehungen mit der Gesellschaft verweigern. Denn wenn einige Informationen über die Gesellschaft im Handelsregister mit dem Vermerk „unzuverlässig“ versehen sind, ist das Risiko der Gesellschaftsliquidierung hoch.
Zweitens können die Gesellschafter dieser „vermerkten“ Firma mit mehr als 50 % der Stimmen oder ihr Generaldirektor weder eine neue Gesellschaft gründen noch bei einer bereits existierenden als Gesellschafter oder Generaldirektor eingetragen werden, Art. 23 Abs. 1 lit. „ф“ des Gesetzes Nr. 129). Und dies gilt ab dem Moment der Eintragung des Vermerks bzw. ab dem Zeitpunkt der Liquidierung der Gesellschaft für mindestens drei Jahre.
Wie kann man das Risiko vermeiden?
Alle Gesellschafter sollten darauf achten, dass die Daten im Handelsregister immer aktuell sind. Der Generaldirektor muss auch dafür sorgen, dass die Gesellschaft rechtzeitig die Geschäftskorrespondenz erhält. Diese sollte am besten unter der Adresse eingehen, wo die Gesellschaft ihre Tätigkeit ausübt bzw. ihren Sitz hat.
Entscheidet die Steuerbehörde, die Gesellschaft aufgrund der unzuverlässigen Informationen im Handelsregister zu löschen, hat die Gesellschaft drei Monate Zeit, gegen diese Entscheidung einen Widerspruch einzulegen (Art. 21.1 Abs. 4 i.V.m. Art. 21.1 Abs. 5 Punkt „б“ des Gesetzes Nr. 129). Neben dem Widerspruch sind auch Beweise zu erbringen, die bestätigen, dass die Daten über die Gesellschaft der tatsächlichen Lage entsprechen. Das können z.B. Bestellungsbeschluss des Generaldirektors, Mietvertrag, Satzung der Gesellschaft, Bilder usw. sein.
Ausländischen Investoren empfehlen wir, einen finanziellen sowie einen rechtlichen Nachweis der Funktionsfähigkeit von den russischen juristischen Personen zu verlangen, falls Sie mit ihnen geschäftliche Beziehungen eingehen möchten. Es ist wichtig, nicht nur in die Satzung, den Stand des Stammkapitals oder den aktuellen Auszug aus dem Handelsregister Einsicht zu nehmen, sondern auch die gesamte Due-Diligence-Prüfung durchzuführen.
Unsere Kanzlei ist auf die Rechtsberatung im russischen Recht spezialisiert und unterstützt Sie gerne bei Ihren Geschäften mit russischen Partnern.
* EGRUL = Jedinyj gosudarstvennyj rejestr juridičeskich lic / Einheitliches Staatliches Register juristischer Personen
© Maria Mikhaylova, LL.M.
© Hermann Jakobi, LL.M.
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