AUFLÖSUNG EINER REPRÄSENTANZ IN RUSSLAND: IHR FAHRPLAN
Zur Vertretung der Interessen eines ausländischen Unternehmens in Russland kann die Errichtung einer Repräsentanz oder einer Filiale desselben sinnvoll sein. Viele ausländische Unternehmen sind diesen Weg gegangen und dadurch ihre Präsenz auf dem russischen Markt gesichert. Was müssen Sie aber tun, wenn Sie eine funktionierende Repräsentanz oder Filiale in Russland nun auflösen wollen? Am Beispiel der Auflösung einer Repräsentanz zeigen wir Ihnen in Grundzügen, was bei diesem Vorhaben auf Sie zukommt.
Der gesamte Prozess der Auflösung einer kleinen Repräsentanz mit Passieren aller Abteilugen des Finanzamtes beträgt im Durchschnitt 12 bis 18 Monate. Fehler oder Lücken bei der Gestaltung der notwendigen Dokumentation oder eine nicht durchdachte Herangehensweise können zu erheblichen Verzögerungen führen. Aus diesem Grund müssen Sie bei der Auflösung Ihrer Repräsentanz auf eine ganze Reihe von formellen und faktischen Aspekten achten. Vereinfacht dargestellt sind folgende Schritte zu unternehmen.
I. Beschlussfassung des Stammhauses über die Auflösung der Repräsentanz
Da die Repräsentanz keine eigenständige juristische Person ist, wird über ihr Schicksal durch das ausländische Stammhaus entschieden. Genauso wie für die Errichtung muss auch für die Auflösung der Repräsentanz ein Beschluss des Stammhauses ordnungsgemäß gefasst werden.
II. Ordnungsgemäße Erteilung von Vollmachten
Die Person, die die Auflösung in Russland vor Ort durchführen soll, muss ordnungsgemäß bevollmächtigt werden. Achten Sie also darauf, dass für eine solche Person eine präzise formulierte und den Formvorschriften genügende Vollmacht erteilt wird.
III. Buchhaltung: Kündigung bestehender Verträge
Die Repräsentanz muss ihre Buchhaltung gemäß den Anforderungen der russischen nationalen Standards führen.
Je nachdem, wer und auf welcher Basis – ein interner Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeitsvertrages, die Repräsentanzleitung selbst oder ein externer Buchhalter aufgrund eines Dienstleistungsvertrages – mit der Buchhaltung betraut ist, müssen die bestehenden Verträge fristgerecht und unter Beachtung der einschlägigen zivil- oder arbeitsrechtlichen Normen gekündigt werden.
IV. Büroräume und Vermögen der Repräsentanz
Das der Repräsentanz zur Verfügung gestellte Vermögen muss zurückgeführt werden. Es kann sich um das Vermögen des Stammhauses handeln, das diesem dann zurückzugewähren ist. Oder es können auch Sachen sein, die die Repräsentanz auf Grund eines Gebrauchsüberlassungsvertrages mit Dritten erhalten hat. Entsprechende Verträge sind zu kündigen und die Gegenstände herauszugeben.
Insbesondere sollten Sie in diesem Zusammenhang an Folgendes denken.
- Mietvertrag über die von der Repräsentanz genutzten Büroräume:
Den Mietvertrag müssen Sie rechtzeitig kündigen oder diesen auslaufen lassen. Je nach der ursprünglich vereinbarten Vertragsdauer sowie abhängig von den konkreten Vertragsbedingungen sind unterschiedliche Regeln und Fristen zu beachten.
- Büroeinrichtung, EDV-Ausstattung:
Was mit der Büroeinrichtung und insbesondere mit deren technischer Ausstattung geschieht, richtet sich ebenfalls nach den im Einzelfall getroffenen vertraglichen Regelungen.
- Dienstauto, Kfz-Versicherung:
Wurde der Repräsentanzleitung und ggf. weiteren Mitarbeitern ein Dienstauto zur Verfügung gestellt, ist auch eine Entscheidung über das Schicksaal des Fahrzeugs zu treffen: Wird es beispielsweise verkauft oder dieser Person als Bonus für die gute Arbeit überlassen? Der Entscheidungsspielraum hängt unter anderem davon ab, ob das Auto im Eigentum des Stammhauses steht, geleast oder gemietet wurde, und davon, was in den konkreten Verträgen vorgesehen wurde.
Die Kfz-Versicherungsverträge sind entsprechend der getroffenen Entscheidung zu kündigen oder auf die neue Person umzuschreiben.
V. Sozialfonds
Vor der Auflösung der Repräsentanz ist darauf zu achten, dass diese keine Schulden gegenüber Sozial(-versicherungs-)fonds hat. Falls Schulden vorhanden sind, müssen sie beglichen werden.
Es ist somit zu ermitteln, ob bestimmte Zahlungen für die Rentenversicherung oder die Sozialversicherung noch ausstehen, indem Sie die Fonds über die Auflösung der Repräsentanz benachrichtigen und eine Endabrechnung anfordern. Nach der Zahlung der ausstehenden Beiträge erfolgt die Abmeldung bei den jeweiligen Fonds.
VI. Repräsentanzleitung und ggf. weitere Mitarbeiter
1. Kündigung von Arbeitsverträgen
Wenn eine ausländische Repräsentanz in Russland aufgelöst wird, müssen die Mitarbeiter entlassen werden.
Die Entlassung von Arbeitnehmern erfolgt nach den Regeln des russischen Arbeitsrechts. In Betracht kommen solche Konstellationen wie Kündigung durch den Arbeitgeber infolge der Liquidierung, Kündigung durch den Arbeitnehmer oder eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Je nach der konkreten Konstellation sind die Arbeitnehmer zwei Monate vor dem Kündigungsdatum zu benachrichtigen, eine Abfindung zu zahlen, sowie bestimmte Form- und Verfahrensvorschriften einzuhalten.
2. Widerruf der Vollmachten
Die Vollmachten, die die Repräsentanzleitung oder ggf. andere Mitarbeiter berechtigen, im Namen der Repräsentanz/des Stammhauses zu handeln, sind zu widerrufen. Bei Bedarf sollten für den Zeitraum der Repräsentanzauflösung Einzelvollmachten erteilt werden.
3. Private Zusatzkrankenversicherung
Wurde eine private Zusatzkrankenversicherung für die Repräsentanzleitung oder ggf. weitere Mitarbeiter abgeschlossen, ist ein solcher Vertag zu kündigen.
4. Übergabe sämtlicher Dokumentation der Repräsentanz
Anschließend ist die gesamte Dokumentation der Repräsentanz an das Stammhaus zu übergeben.
VII. Bankkonten
Nachdem alle Schulden beglichen sind, müssen die bestehenden Bankkonten geschlossen werden. Der Restbetrag vom Konto wird auf das ausländische Konto des Stammhauses überwiesen.
VIII. Finanzamt
Schließlich ist das Finanzamt über die Auflösung der Repräsentanz zu benachrichtigen und die Beendigung der Akkreditierung der Repräsentanz zu beantragen.
Die Auflösung von Niederlassungen und Repräsentanzen ausländischer Unternehmen wird durch die Interregionale Inspektion des Föderalen Steuerdienstes Nr. 47 in Moskau durchgeführt (vgl. P. 1 Beschluss des Föderalen Steuerdienstes vom 22. Dezember 2014 Nr. ММВ-7-14/668@).
Im Anschluss wird die Repräsentanz als steuerpflichtiges Subjekt abgemeldet und aus dem Register der akkreditierten Repräsentanzen gestrichen.
© Maria Mikhaylova, LL.M.
Sollten Sie rechtlichen Beistand bei den Fragen rund um die Auflösung einer Repräsentanz oder Liquidierung einer Filiale in Russland, detailliert zugeschnitten auf Ihren Fall, brauchen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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